Emotionen im SEA: 6 Erkenntnisse aus dem Neuromarketing
10. Dezember 2020
Das Neuromarketing nutzt Erkenntnisse aus der Hirnforschung und der Psychologie, um Werbung wirksamer zu gestalten. Dazu untersuchen die Neuromarketing-Experten mit verschiedenen Methoden, welche Prozesse im Gehirn die Kaufentscheidungen der Konsumenten beeinflussen. Die Antworten darauf sind nicht nur spannend, sondern auch erstaunlich leicht im Rahmen von SEA Kampagnen einsetzbar.
Inhaltsverzeichnis
Toggle1. Die Verlustaversion: Bloß nichts verpassen
Eines der verbreitetsten Phänomene ist die „Verlustaversion“, auch bekannt unter dem englischen Begriff „Fear Of Missing Out“ (FOMO). Hierbei geht es um die Angst, etwas zu verpassen. Denn Menschen machen sich nicht nur Gedanken darüber, ob sie etwas bekommen, sondern sorgen sich ebenso darüber, etwas nicht zu bekommen.
Um bei dem Verbraucher das Gefühl auszulösen, ein Schnäppchen verpassen zu können, eignen sich Formulierungen wie:
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- Nur noch 4 Artikel verfügbar
- Nur für kurze Zeit
Formulierungen solcher Art können in Anzeigentexten aufgegriffen und zusätzlich als dynamische Botschaften über Parameter in den Anzeigentexten integriert werden. Die Parameter von Google Ads bieten vielfältige Möglichkeiten, Anzeigen automatisiert so zu gestalten, dass die Verlustaversion bestmöglich angesprochen wird.
Ein gängiges Beispiel dafür ist der Parameter „Countdown“ (Abbildung 1), bei dem der Anzeigenersteller lediglich Datum und Uhrzeit eintragen muss, zu dem eine Aktion endet.
Abbildung 1: Google Ads bietet Parameter, mit denen die Verlustaversion einfach anzusprechen ist. Hier eine beispielhafte Anzeige für eine Konferenz.
2. Der Anker-Effekt: Wie uns willkürliche Informationen beeinflussen
Der Anker-Effekt ist eines der wichtigsten Mittel, wenn es um Sales-Angebote geht. Dieser Effekt tritt beispielsweise dann auf, wenn bei einem Produkt der Hinweis auf einen früheren Preis neben dem aktuellen Sales-Preis deutlich sichtbar ist. Egal ob der vorherige Preis dabei wahr oder fiktiv ist: er vermittelt dem Konsumenten den Glauben an ein gutes Angebot und bringt ihn dadurch in Kaufstimmung (Abb. 2). Der „Anker“ ist somit der frühere Preis, der dem Verbraucher als Referenz dient.
Im Rahmen von SEA-Aktivitäten lässt sich dies am einfachsten auf der Landingpage umsetzen und findet immer dann Verwendung, wenn beispielsweise aufgrund eines Sales die ursprünglichen Preise angezeigt werden. Doch auch im Anzeigentext können der reduzierte sowie der initiale Preis kommuniziert werden.
Abbildung 2: Durch die Nennung des ursprünglichen Preises und den Vergleich mit teureren Optionen erscheint die Jeans für 35€ besonders attraktiv.
3. Der Lockvogel-Effekt: Nicht jede Option ist sinnvoll
Beim Lockvogel-Effekt werden dem Kunden mehrere Preismodelle präsentiert. In den meisten Fällen hat er die Wahl zwischen drei verschiedenen Optionen, wobei die dritte Option offensichtlich unattraktiv wirkt und den Konsumenten dahingehend beeinflussen soll, dass er sich für das scheinbar bessere, aber auch teurere Angebot entscheidet. Ein sehr drastisches Beispiel zeigt die Abbildung 3.
Abbildung 3: Die unterschiedlichen Abonnements und ihre Preise werden als Preiserweiterung unterhalb der Anzeige präsentiert. Die mittlere Option „Printabo“ ist dabei keine sehr sinnvolle Wahl.
Bei unserem Beispiel hat der Kunden die Wahl zwischen drei Angeboten: Ein Digitalabo zu einem günstigen Preis, ein Printabo zu einem höheren Preis und die Kombination aus Digital- und Printabo zum gleichen Preis wie das Printabo allein. Hier bietet die Möglichkeit, nur das Printabo zu wählen, keinerlei Vorteile und stellt daher keine wirkliche Alternative dar.
Allerdings hat der Verbraucher dennoch das Gefühl, ihm würden drei Optionen zur Auswahl stehen. Im Vergleich zu den beiden anderen Möglichkeiten erscheint ihm nun das Digitalabo als günstigere Variante eher minderwertig. Dadurch ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass er sich für die preisintensivere Variante entscheiden wird. Es kann also sinnvoll sein, neben zwei Wahlmöglichkeiten noch eine dritte „Scheinoption“ hinzuzufügen, die für potenzielle Kunden keine wirklich attraktive Option darstellt.
Darüber hinaus lässt sich der Lockvogel-Effekt gut mit dem sogenannten Framing kombinieren, bei dem verschiedene Bundles als Option geboten werden (Abb. 4). Mit dieser Methode können die Vorteile eines Paketes hervorgehoben werden, die bei der günstigsten Variante wegfallen und so dem Nutzer entgehen würden. Framing geht also Hand in Hand mit der Fear Of Missing Out, der Verlustaversion.
Abbildung 4: Durch Framing wird dem Nutzer bewusst aufgezeigt, was ihm bei der Wahl des günstigeren Angebots entgehen würde.
Gut zu wissen: Die Erkenntnisse aus dem Neuromarketing deuten darauf hin, dass das menschliche Gehirn drei bis vier Optionen am besten verarbeiten kann und dass die Anzahl der Auswahlmöglichkeiten daher auf höchstens fünf beschränkt sein sollte.
4. Social Proof: Die Macht der anderen
Zwar ist Social Proof kein neues Konzept, nimmt jedoch noch immer einen hohen Stellenwert ein. Ein Kauf auf Empfehlung spielt auch im Online-Marketing eine wichtige Rolle und zeigt, dass sich Menschen gerne am (Kauf-)Verhalten ihrer Mitmenschen orientieren.
Da Bewertungen hierbei von großer Bedeutung sind, eignen sich auch Google Seller Ratings bestens als Social Proof (Abb. 5). Wer die Seller Ratings nutzen möchte, muss jedoch ein Rating von mindestens 3,5 Sternen aus über 150 einzelnen Wertungen vorweisen können. Zudem sollte beachtet werden, dass auch die Wertungen der Wettbewerber eine Rolle spielen und bei höheren Bewertungen als das eigene Unternehmen von einer Nutzung der Sterne abzuraten ist.
Abbildung 5: Seller Ratings wie bei den Anzeigen von home24.de oder wayfair.de schaffen Vertrauen bei potenziellen Kunden.
5. Das Prinzip der Gegenseitigkeit: Wir geben gerne etwas zurück
Das Prinzip der Gegenseitigkeit folgt dem Motto: Hat jemand etwas Gutes für mich getan, dann steigt meine Bereitschaft, demjenigen auch etwas Gutes zu tun – zum Beispiel sein Produkt oder seine Dienstleistung zu kaufen.
Gerade im B2B-Bereich und bei der Lead-Generierung sind kostenlose Angebote sinnvoll und sollten bereits in den Anzeigentexten bei Google genannt werden (Abb. 6). Hier eignen sich vor allem kostenlose E-Books und Whitepaper sowie kostenfreie Beratungsgespräche mit einem Experten. Die Hürde für den potenziellen Kunden ist niedrig, da er das Angebot gratis erhält. Ist er anschließend jedoch mit der Leistung zufrieden, setzt bei ihm das Prinzip der Gegenseitigkeit ein und er neigt eher dazu, eine Zusammenarbeit einzugehen oder einen Kauf zu tätigen.
Abbildung 6: terminland.de wirbt mit kostenlosen Testversionen und folgt dabei dem Prinzip der Gegenseitigkeit.
6. Emotionen ansprechen: Problemvermeidung und Glücksgefühle
Da das menschliche Gehirn in erster Linie den Zweck erfüllen soll, uns vor Gefahren zu schützen und unser Überleben zu sichern, sind Freude und Glück aus Evolutionssicht betrachtet eher zweitrangig. Das hat zur Folge, dass Menschen in der Regel stärker auf Gefahren (und deren Vermeidung) reagieren als auf Versprechen zukünftigen Glücks.
Aus diesem Grund tätigen Menschen vielmehr Käufe, mit denen sie etwas vermeiden können, anstatt etwas damit zu erreichen. Daher funktionieren Trigger-Wörter wie vermeiden, schützen und verhindern in beispielsweise Headlines und Anzeigentexten besonders gut:
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Dementsprechend gut funktioniert auch das Ansprechen der „Pain Points“, also der Schmerzpunkte des Konsumenten. Je konkreter ein Produkt oder eine Dienstleistung dem Verbraucher dabei hilft, sein Problem zu lösen, desto mehr steigt das Interesse und die Kaufwahrscheinlichkeit:
- Darmbeschwerden lindern
- Liebeskummer bekämpfen
- Noch kein Geschenk für Weihnachten?
Trotzdem sollte nicht vergessen werden, dass Menschen auch positive Gefühle erleben wollen. Vor allem wenn sie bereits über den Kauf eines Produktes oder einer Dienstleistung nachdenken, wollen sie dies in einer guten Stimmungslage tun und das Gefühl haben, durch ihre Kaufentscheidung besser, gesünder, glücklicher oder erfolgreicher zu werden.
Des Weiteren kann sich eine humorvolle Ansprache der Zielgruppe ebenfalls lohnen. Denn was Menschen zum Lachen bringt, erzeugt Aufmerksamkeit und bleibt länger im Gedächtnis, wie das Beispiel aus Abbildung 7.
Abbildung 7: Anzeigen mit Humor bleiben im Gedächtnis.
Fazit: Ohne Emotionen, ohne den Kunden
Im SEA-Bereich, aber auch generell im Online-Marketing gilt: Je erfolgreicher die Emotionen des Lesers angesprochen und der Kern seines Problems getroffen wird, desto höher wird seine Bereitschaft sein, die Lösung zu kaufen.
Grundsätzlich lösen negative Emotionen eine stärkere Reaktion bei Menschen aus als positive Emotionen. Aus diesem Grund kann es sinnvoll sein, bei der Zielgruppe an die Angst vor Verlust, die Angst vor Gefahr (und der Wunsch der Vermeidung dessen) sowie die Schmerzpunkte zu appellieren.
Dennoch sollten auch die positiven Gefühle im Marketing nicht vernachlässigt werden. Denn der Mensch möchte sich im Grunde gut fühlen und hofft, mit einem Produkt oder einer Dienstleistung sich selbst oder anderen etwas Gutes zu tun. Zudem wollen Menschen dem Gegenseitigkeitsprinzip entsprechend anderen etwas zurückgeben, wenn sie bereits etwas von ihnen erhalten haben.
Darüber hinaus greifen Konsumenten vielmals auf Referenzwerte zurück, wenn sie Hilfe bei einer Entscheidung benötigen. Dabei wird der Kunde jedoch häufig durch künstlich erzeugte Referenzwerte beeinflusst, wie beispielsweise bei einem Vergleich von einem ursprünglichen Preis mit dem reduzierten Preis. Die Kaufentscheidung kann bei einer Auswahl zwischen mehreren Produkten zudem beeinflusst werden, indem geschickt platzierte Zusatzoptionen geboten werden. Beispiele für dieses Phänomen sind der Anker-Effekt und der Lockvogel-Effekt.
Da sich Menschen außerdem am Verhalten anderer Menschen orientieren, eignet sich Social Proof bestens dazu, um durch Empfehlungen oder Bewertungen von Dritten von der Qualität des eigenen Produkts oder der eigenen Dienstleistung zu überzeugen.
Möchte man nicht nur Aufmerksamkeit erzeugen, sondern auch im Gedächtnis bleiben, sollte man auf eingängige Ansprachen setzen. Hier lohnt es sich, den Konsumenten zum Beispiel zu überraschen oder zum Lachen zu bringen.
Grundsätzlich gibt uns das Neuromarketing spannende Einblicke in das Kaufverhalten der Kunden, wodurch Anzeigen noch wirksamer gestaltet werden könne. Doch wie sonst auch, entscheidet letzten Endes immer noch der Kunde, wofür er sein Geld ausgeben will.
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