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Women in Tech: Interview mit Magdalena Mues

14. März 2018

Dieser Beitrag erschien ursprünglich auf entwickler.de.

Die Tech-Industrie wird von Männern dominiert – so weit, so schlecht. Doch langsam, aber sicher bekommt der sogenannte Boys Club Gesellschaft von begabten Frauen: Immer mehr Frauen fassen in der Branche Fuß.

Aus diesem Grund wollen wir hier spannenden und inspirierenden Frauen die Möglichkeit geben, sich vorzustellen und zu erzählen, wie und weshalb sie den Weg in die Tech-Branche gewählt haben. Aber auch Themen wie Geschlechtervorurteile, Herausforderungen oder Förderungsmöglichkeiten kommen zur Sprache.

Unsere Woman in Tech: Magdalena Mues

In das Berufsleben stieg Magdalena Mues 2010 als Online-Redakteurin bei einer damals kleinen Agentur mit dem Fokus auf Suchmaschinenoptimierung (SEO) ein. Bereits während ihres Masterstudiengangs im Bereich Kulturwissenschaft arbeitete sie nebenberuflich als Online-Redakteurin und so erschien ihr der Berufseinstieg in den gleichen Bereich als sinnvoll. Schnell merkte sie jedoch, dass es ihr nicht genügte nur die Textinhalte für eine Webseite zu schreiben, sondern sie wollte auch wissen, wie eine Webseite technisch funktioniert. Auch die Funktionsweisen und Algorithmen von Suchmaschinen wie z.B. Google haben sie in diesem Zusammenhang zunehmend interessiert.

Da die technische Optimierung von Webseiten zur damaligen Zeit auch für SEO immer wichtiger wurde, hatte sie die Möglichkeit, sich innerhalb der Agentur in diesem Bereich weiter zu entwickeln. Sie fing damals damit an, die von ihren Kollegen verfassten, technischen Analysen zu lesen und bot ihnen ihre Hilfe für kleinere Aufgaben an. Durch die Arbeit mit den Kollegen und das Selbststudium durch Fachartikel und -bücher hatte sie sich innerhalb von ein paar Monaten in die technischen Funktionsweisen von Webseiten eingearbeitet, sodass sie innerhalb der Agentur die Abteilung wechseln durfte und schließlich selbst Analysen von Webseiten und Optimierungen im Front- und Backend durchführen durfte.

Neben der Ausarbeitung der Analysen und Handlungsempfehlungen für die Kunden war sie unter anderem auch dafür verantwortlich, die Ergebnisse den Kunden vorzustellen und mit ihnen zu besprechen. Dabei hatte sie sehr unterschiedliche Ansprechpartner: Mal hat sie mit den Entwicklern oder dem CTO gesprochen, mal mit den Marketingverantwortlichen, den Geschäftsführern oder dem Vorstand. Da es ihr leicht fiel, sich an alle Ansprechpersonen anzupassen und die Ergebnisse je nach Bedarf fachlich tief oder aus einer Helikopter-Ebene zu erklären, kam sie nach einiger Zeit wiederum immer weiter davon weg, selbst Analysen auszuarbeiten und Optimierungen vorzunehmen, sondern hat als Senior Consultant das Team der Analysten geleitet und die Ergebnisse des Teams den Kunden präsentiert. Sie nahm also die Rolle einer Übersetzerin zwischen den Analysten und den Kunden ein.

Heute ist Magdalena Geschäftsführerin von CLANEO, einer Performance Marketing Agentur in Berlin, die auf die Kanäle Search, Content und Commerce spezialisiert ist. Zusammen mit zwei Kollegen hat sie 2017 den Weg in die Selbstständigkeit gewagt. Als Geschäftsführerin betreut sie einen Teil ihrer Kunden fachlich und trägt die Verantwortung für die Teams des Unternehmens. Neben dem Paid-Team leitet sie auch das SEO-Team, welches sich u.a. mit den technischen Analysen von Webseiten beschäftigt.

Was hat deine Neugier für die Technologie geweckt?

Meine ersten Berührungspunkte mit Tech hatte ich während meiner Schulzeit. Ich hatte in meinem Freundeskreis ein paar Jungs, die sich sehr für Tech interessiert haben und nach der Schule eigene Webseiten bzw. Programme entwickelten und alte PCs auseinandernahmen. Obwohl ich kein Interesse daran hatte, auch zu programmieren oder an den PCs zu schrauben, habe ich viel Zeit mit ihnen verbracht und mir von ihnen erklären lassen, was sie machen und warum.

„Es fällt Entwicklern häufig schwer, komplexe Themen in einfachen Worten wiederzugeben.“

Auch während meiner Studienzeit hatte ich – obwohl ich selbst ein geisteswissenschaftliches Studium gewählt habe – viel mit Tech-Themen zu tun. Mein damaliger Freund hat ein Stipendium von Siemens bekommen und Informatik studiert. Ich war häufig bei den Treffen mit anderen Stipendiaten dabei und habe an ihren Diskussionen über Themen aus dem Studium teilgenommen. Obwohl ich selbst wenig Praxiserfahrungen im Tech-Bereich hatte, fiel es mir schon immer leicht, ihren Diskussionen zu folgen und auch komplexe Themen in einfachen Worten wiederzugeben – was meiner Erfahrung nach den Informatikern häufig nicht leichtfiel. Dies führte dazu, dass ich neben meinem eigentlichen Studium auch an der ein oder anderen Hausarbeit im Informatikkontext beteiligt war, etwa bei einer Arbeit in der es darum ging, eine App zu programmieren. In der Regel habe ich den Part übernommen, die Methodik sowie die Ergebnisse der Arbeit zu verschriftlichen und in für alle verständliche Sätze zu packen.

Das Interesse an Tech – speziell für das Programmieren von Webseiten und Apps – habe ich auch nach meinem Berufseinstieg weiterverfolgt. Obwohl ich als Online-Redakteurin gearbeitet habe, war ich regelmäßig auf Veranstaltungen unterwegs, auf denen sich Programmierer getroffen haben, und habe mich mit Kollegen zu technischen Themen ausgetauscht. Außerdem habe ich selbst ein paar Programmierkurse besucht. Allerdings war das Programmieren an sich nie meine Leidenschaft. Mich hat vielmehr interessiert, warum (oder warum nicht) und wie etwas funktioniert; wirklich umsetzen wollte ich es anschließend aber nie.

Ein Tag in Magdalenas Leben

Mein Arbeitsalltag ist abwechslungsreich und ein Stück weit unberechenbar. Neben typischen Aufgaben der Geschäftsführung stehe ich unter anderem unseren Kunden als Ansprechpartnerin bei Fragen oder Problemen zur Verfügung, etwa wenn sie einen Relaunch planen, Rückfragen zu unseren Handlungsempfehlungen haben oder sich Meldungen aus der Google Search Console nicht erklären und lösen können. Auch heute noch habe ich auf Kundenseite unterschiedliche Ansprechpartner wie Entwickler, CTOs, Marketingverantwortliche oder Geschäftsführer, was ich sehr spannend finde.

Neben den Kunden arbeite ich außerdem eng mit meinen Mitarbeitern zusammen. Ich setze mich regelmäßig mit ihnen zusammen, um Arbeitsergebnisse für Kunden zu besprechen, interne Prozesse zu optimieren und über Neuerungen in der Branche oder Algorithmus-Updates der Suchmaschine zu sprechen. Gelegentlich mache ich technische Analysen von Webseiten auch noch selbst.

Hindernisse, denen man begegnet

Dass mir Steine gezielt in den Weg gelegt wurden, wäre sicherlich zu hart formuliert. Durch die Unterstützung meiner Eltern, Freunde und auch durch Kollegen hatte ich nie das Gefühl, dass mir der Weg in die Tech-Branche verweigert oder schwer gemacht wurde. Wichtig für meine Entwicklung in der Branche war mit Sicherheit auch mein Umzug nach Berlin. Hier gibt es unendlich viele Möglichkeiten, sich mit anderen Personen auszutauschen und an Veranstaltungen aus der Tech-Branche teilzunehmen – oftmals sogar kostenlos.

„Durch die Unterstützung meiner Eltern, Freunde und auch durch Kollegen hatte ich nie das Gefühl, dass mir der Weg in die Tech-Branche verweigert oder schwer gemacht wurde.“

Rückwirkend betrachtet war es für mich aber vor allem als Berufseinsteigerin nicht immer einfach. Ich habe häufig das Gefühl gehabt, dass man als Frau in der Branche härter und mehr arbeiten muss, um sich Respekt und Anerkennung von den männlichen Kollegen und Kunden zu verdienen. Dies kann man sicherlich nicht pauschalisieren, aber ich hatte vor allem zu Beginn meiner Laufbahn als Consultant häufiger das Gefühl, belächelt und unterschätzt zu werden. Zum Teil mag das auch an meinem Alter gelegen haben, da ich mit Mitte 20 häufig mit deutlich älteren Ansprechpartnern auf Kundenseite konfrontiert war. Dadurch habe ich mich gezwungen gefühlt, besonders professionell und hart auftreten zu müssen, um ernst genommen zu werden. Bei einigen meiner männlichen Kollegen kam meine Professionalität und mein Fleiß nicht immer gut an und ich musste mir eine Zeit lang Kommentare wie „Streberin“ und „Schleimerin“ gefallen lassen. Zum Glück war dies nur eine kurze Phase, nach dessen Ende ich auch mit meinen männlichen Kollegen sehr produktiv zusammenarbeiten konnte.

Prinzipiell denke ich nicht, dass es in Deutschland noch Hürden für Frauen gibt, in die Tech-Branche einzutreten. Unser Bildungssystem ist darauf ausgerichtet, dass eine Gleichberechtigung bei der Ausbildung gewährleistet wird und sowohl Jungen als auch Mädchen Zugang zu technischen Ausbildungsberufen und Studiengängen haben. Mädchen wird durch spezielle Förderungen und Aktionen von Unternehmen vielleicht sogar der Eintritt in die Tech-Branche leichter gemacht als Jungen.

Ein Mangel an Frauen in der Tech-Branche

Meiner Meinung nach liegt der Grund für den Mangel an Frauen in der Tech-Branche eher daran, dass Frauen sich einen Beruf in der Branche noch nicht zutrauen. Frauen sind dafür bekannt, ihre eigenen Fähigkeiten zu unterschätzen und selbst an sich zu zweifeln. Da Ausbildungen im Tech-Bereich von außen immer noch als sehr schwer angesehen werden, schreckt dies einige Frauen wahrscheinlich ab und sie entscheiden sich eher für eine Ausbildung, die ihnen leichter erscheint. Um diese Hürde zu überwinden, ist es wichtig, dass Mädchen die Möglichkeit bekommen, sich selber ein Bild von den Ausbildungen machen zu können. In diesem Bereich wurde meiner Meinung nach in den letzten Jahren von Universitäten, Ausbildungs-Unternehmen und der IHK bereits viel bewegt, sodass auch diese Hürde zumindest in Deutschland hoffentlich nach und nach abgebaut werden sollte und sich mehr Frauen zutrauen, eine Ausbildung im Tech-Bereich anzutreten.

Neben dem Mangel an Frauen im Tech-Bereich mache ich immer wieder auch eine andere Beobachtung: In einigen Bereichen der Tech-Branche sind bereits verhätnismäßig viele Frauen vertreten, diese werden aber nicht besonders stark wahrgenommen. Das liegt meinen Beobachtungen nach daran, dass Frauen generell zurückhaltender sind als Männer und sich davor scheuen, in den Vordergrund zu treten. Deshalb nehmen sie häufig nur die Position einer verlässlichen Arbeitskraft im Hintergrund ein und streben nicht danach, eine Karriere zu machen oder sich aktiv in der Branche zu Wort zu melden.

Aus diesem Grund ist es meiner Meinung nach wichtig, dass Personaler und Führungskräfte nicht nur den Mitarbeitern mehr Verantwortung geben, die am lautesten sind und am meisten einfordern, sondern auch den stillen Mitarbeitern eine Chance auf Entwicklung und persönliche Förderung geben. Dass auch Frauen fachlich viel in der Tech-Branche beitragen können, sieht man auf den Plattformen und in den Netzwerken der Branche, die nur Frauen ansprechen. Ich würde mir wünschen, dass sich noch viel mehr Frauen trauen würden, ihre Meinung auch auf anderen Kanälen zu teilen und zu vertreten.

Warum von Diversität alle profitieren

Während meiner Berufslaufbahn bin ich einigen Personen begegnet, die mich inspiriert und gefördert haben, aber ein direktes Vorbild habe ich nicht. Da die Branche, in der ich tätig bin, sehr stark von Männern dominiert wird – zumindest auf den höheren Führungsebenen und was Personen angeht, die in der Öffentlichkeit stehen – waren dies zum großen Teil Männer.

„Das Ziel sollte nicht sein, wie die männlichen Kollegen zu werden, sondern den eigenen Fähigkeiten als Frau zu vertrauen und diese besser einzusetzen.“

Vor ein paar Jahren hatte ich jedoch eine sehr inspirierende und für mich augenöffnende Unterhaltung mit einer Coachin. Ich hatte zusammen mit Kollegen und meinen Chefs (alle männlich) ein zweitägiges Pitch-Coaching bei ihr. Das Coaching war für mich niederschlagend, da ich bei den Gruppenarbeiten den Eindruck hatte, nicht so gut zu sein, wie meine männlichen Kollegen. Auch meine Kollegen haben mir das Gefühl vermittelt. In einem persönlichen Gespräch hat mir die Coachin zum Glück die Augen öffnen können. Mein Ziel sollte es nicht sein, zu versuchen genauso wie meine männlichen Kollegen zu werden, sondern meinen Fähigkeiten als Frau zu vertrauen und diese besser einzusetzen, um mich somit positiv abzuheben. Dieser Rat hat mir sehr dabei geholfen, mich nicht ausschließlich an den Männern der Branche zu orientieren, sondern meiner Intuition zu trauen und Aufgaben und Probleme auf meinem eigenen Weg zu lösen.

Die Diversity-Debatte ist nicht leicht zu lösen. Persönlich hoffe ich jedoch, dass die Debatte nicht mehr allzu lange geführt werden muss. Dazu muss meiner Meinung nach eine gegenseitige Akzeptanz und Wertschätzung unter denen geschaffen werden, die divers zueinander sind. Hier würde ich mir in der Tech-Branche zum Teil mehr Offenheit wünschen, da ich das Gefühl habe, dass einige Bereiche noch stark von Alpha-Männern dominiert werden, denen es schwerfällt, die Fähigkeiten und Vorteile von Frauen im Team zu erkennen. Neben der Heranführung von Frauen an die Tech-Branche ist es daher meiner Meinung nach sinnvoll, auch ein Umdenken im Personalmanagement zu schaffen und Führungskräfte stärker in Bezug auf Diversität zu schulen.

Ich denke es steht außer Frage, dass alle Bereiche des wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Lebens von Diversität profitieren. Dies trifft nicht nur auf die Tech-Branche zu, sondern auch auf frauendominierte Branchen oder Berufe.

Tipps & Tricks

  1. Lasst euch nicht von den klassischen Stereotypen und Anforderungen der Branche abschrecken! Jeder kann es in der Branche schaffen, auch wenn Mathematik in der Schulzeit nicht zu deinen Lieblingsfächern gezählt hat!
  2. Nutzt die vielen Angebote im Internet oder in eurer Heimatstadt, um in die Tech-Branche rein zu schnuppern und tauscht euch mit Personen aus der Branche aus!
  3. Kennt eure eigenen Stärken und Schwächen und steht dazu. Anders zu sein, ist keine Schwäche!
  4. Seid selbstbewusst, äußert eure Meinung und traut euch, euer Wissen zu teilen!
  5. Unterstützt andere Frauen und helft ihnen, wo ihr könnt! Neid unter Frauen wäre das Schlimmste, das uns in der Branche passieren könnte!
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Magdalena Mues

Magdalena ist Gründerin und Geschäftsführerin der Claneo GmbH. Mit ihrer Expertise berät sie Start-ups, KMU und Konzerne in den Bereichen Content-Marketing, Suchmaschinenoptimierung (SEO), App-Store-Optimierung (ASO) und Marktplatzoptimierung (MPO).

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Quadrate und Foto von lächelnder Mitarbeiterin
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